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Promenadenwege über den Dächern von Bozen - Daniela TaxText: Daniela Tax |
Bilder: Günter Seefelder
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Dass wir ganz zufällig auf einem der Promenadewege Bozens trafen spricht einmal mehr für das hundeähnliche Streifen und Streunen in einer fremden Stadt. Tut das eigentlich noch wer? Einen Anstoss gab es schon, "besucht den alten Kurort Griess" hieß es von einer Freundin, dort haben im 19. Jahrhundert die reichen Bozener gewohnt. Mit dem kleinen Stadtplan aus der Touristeninfo am Waltherplatz kann man die Richtung festlegen, Gries liegt nordwestlich von der Altstadt. Deren fröhliches Treiben in den bunten Läden, Cafes und Bars entlang der Gassen und Piazzas uns an diesem Werktagnachmittag freundlich empfing. In Bozen lernt man beim Lesen der zweisprachigen Strassenschilder italienisch; Laubengasse - Via Portici , Silbergasse - Via Argentieri, genauso der Obstmarkt - Piazza Erbe. Und den Fluß Talfer - Rio Talvera den wir auf einer der vielen Fußgängerbrücken gemeinsam mit vielen Radfahrern überqueren.Es ist April, dunkle Wolken bringen ein paar Tropfen Regen mit,kein Grund für einen Bozener einen Schirm aufzuspannen, gleich wird es wieder hell. Am anderen Ufer ändert sich die Stadt, nüchterne mehrstöckige Mietshäuser, große Piazzas; Siegesplatz - Piazza Vittorio, Gerichtsplatz - Piazza Tribunale, repräsentative Prunkbauten und eigenartige Straßennamen wie Frontkämpferstraße - Via dei Combattanti. Da möchte ich nicht wohnen. Später lese ich im Reiseführer nach: das ist die italienisch geprägte Neustadt, sie ist nach 1922 von Mussolini und den Faschisten erbaut worden um Industrie und italienische Arbeiter anzusiedeln. Das Siegesdenkmal - Monumento alla Vittoria wird in Südtirol "Faschistentempel" genannt. Das heftig umstrittene Denkmal ist durch massive Zäune und Videokameras geschützt. Südtirol hat eine bewegte Geschichte, mit Knechten und eigenständigen Bauern wie Andreas Hofer, Heimatverbundenheit, Fremdherrschaft und Besatzungsmächten und das dunkelste Kapitel, der Faschismus. So bewegt kann ein Stadtrundgang durch Bozen sein, voller sprachlicher und emotionaler Tretminen, weshalb auch wir uns genauer informieren und sehr vorsichtig mit Bewertungen sein wollen. Heute ist Bozen Landeshauptstadt der autonomen Provinz Südtirol - Alto Adige. Seit Inkrafttreten des Südtirolpakets im Jahr 1972 genießt es umfassende Selbstverwaltungsrechte. Die Südtiroler werden regelmäßig gezählt und in Sprachgruppe eingeteilt, 2011 waren es knapp 70 % deutsch-, 26 %, italienisch- und eine Minderheit von gut 4 % ladinischsprechender Südtiroler. Aber Vorsicht sind Bozner sind mengenmäßig gerade umgekehrt, viele italienisch und wenig deutschsprechende. Angekommen im alten Gries führt uns ein Weg hinauf zum Grieskircherl, der kleine Friedhof liebevoll gepflegt, Frühlingsblumen an Schmiedeeisernen Kreuzen. Manche Grabtafeln erzählen vom "Heldentod" des Verstorbenen. Ein alter mit Steinen gepflasterter Weg führt steil hinauf. Daneben windet sich ein neuangelegter Schotterweg durch ein botanisch angelegten Garten mit gleichmäßiger leichter Steigung, kinderwagen und rollitauglich, viele Parkbänke versprechen Liebespaaren ein stilles Schäferstündchen mit Blick auf Bozen. Die steilen Dächer mit den beige bis braunen historischen Dachziegeln der alten Gehöfte, ziehen unsere Blicke an, ihre Mauern boten Schutz und Schatten, in ihren Innenhöfen wurden viele Feste gefeiert. Es überfällt uns kurz die "früher war die Welt in Ordnung" Nostalgie, sie führt uns durch die Weinreben, alten Sommersitze und Bauernhöfe den Hang entlang dahinter wachsen die noch schneebedeckten Felsburgen des Rosengartens. Nach einer halben Stunde führt uns der Weg wieder hinunter über einen herunterstürzendem Wasserfall in eine Straßenschlucht, es ist die Straße nach Jenesien, einer dieser wunderschönen Aussichts- und Sommerfrischeorte auf rund 1000 Meter Höhe. Wir überqueren die Straße auf der Talsohle. Dort ein Tunnel, da eine hohe Straßenbrücke. Sie trennen Natur, Tiere, Menschen, Höfe, das lange Zeitalter der Automobile fordert Tribute. Inmitten der Straßennetze fangen wir eine kleine Augenweide ein, ein Rapunzelturm, niemand kommt hinauf und niemand hinunter. Es ist der "gscheibte Turm". Und schon wieder die nächste Straße, sie führt ins Sarntal. Schloß Runkelstein liegt an ihr, gleich hinter dem Ortschild Bozen - Bolzano. Lesen Sie weiter "Bozen, ein Kaufhaus" |